Ein Situativer Führungsstil wird in vielen Managementhandbüchern (des letzten Jahrtausends) als heiliger Gral der Mitarbeiterführung angepriesen. Dass die Grundlage hierfür bereits in den 60er Jahren gelegt wurde und sich seit den späten 70er Jahren nicht mehr allzu viel daran geändert hat, lässt schon vermuten, dass der situative Führungsstil nur bedingt auf die heutige Zeit übertragen werden kann. Moderne Führung in Zeiten von New Work und VUCA-Welt kennt einfach andere Herausforderungen.
Aus diesem Grund können wir bereits eine Sache vorwegnehmen: Ja, moderne Führung ist situativ (deswegen nimmt echtes situatives Führen auch einen Teil unseres Leadership Programms ein).
Mit dem situativen Führungsstil hat sie jedoch nur bedingt zu tun! Was die beiden unterscheidet und wie du in der Praxis modern und situativ führen kannst, erfährst du in diesem Artikel!
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Wie du vielleicht aus unserem praxisorientierten Artikel zum kooperativen Führungsstil schon weißt, haben wir recht wenig Lust, dich mit staubtrockenen Definitionen und Theorien zu beschäftigen. Doch auch wenn es sich trocken anhört: Um die Grundlagen der situativen Führung zu verstehen, muss man sich auch ein klitzekleines bisschen mit der zugrundeliegenden Theorie befassen (wir machen das hier so schlank wie möglich, versprochen ;)):
Der situative Führungsstil (beziehungsweise die Idee dahinter) kann auf den Organisationspsychologen Fred Edward Fiedler zurückgeführt werden, der mit der Kontingenztheorie ein Denkmodell erschuf, in dem Führungserfolg als das optimale Zusammenspiel zwischen Führungsstil und der jeweiligen Führungssituation beschrieben wird. Es geht also um die Rahmenbedingungen, die Führungskraft und Mitarbeiter:in umgeben. Diese werden laut Fiedler von folgenden 3 Aspekten geprägt:
Je nach Ausprägung sollen Führungskräfte sich laut Fiedler dann auch anders verhalten. Aber wie? Diese Frage beantwortete ein anderes Forschungsduo Ende der 70er Jahre:
Paul Hersey und Ken Blanchard veröffentlichten im Jahr 1977 ihre Theorie des situativen Führens, in der sie zwischen einem eher personenbezogenen und einem aufgabenbezogenen Führungsansatz unterschieden. Darüber hinaus betrachteten sie den sogenannten “Reifegrad” der Mitarbeiter:innen. Aber was bedeutet das genau?
Solltest du die Theorie nur kurz anreißen wollen, kannst du dir auch einfach das kurze Video hier angucken und danach zum Punkt “Kritik” springen:
1. Wie viel Fachkenntnis haben sie? Wie selbstständig entwickeln sie diese immer weiter? Wie sehr streben sie nach Verantwortung?
2. Wie motiviert und engagiert sind sie? Wie gehen sie mit Feedback um? Wie konfliktfähig sind sie und so weiter…
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Der situative Führungsstil beschreibt in der Theorie nach Hersey und Blanchard einen Führungsansatz, bei dem die Führungskraft ihre Angestellten je nach Rahmenbedingungen sowie individuellem psychischen und fachlichen Reifegrad führt. Dies geschieht dann entweder aufgaben- oder beziehungsorientiert.
Hieraus leiteten sie vier Führungsstile des situativen Führens ab:
Wenn Mitarbeiter:innen (noch) einen niedrigen Reifegrad aufweisen, wird eine hohe Aufgabenorientierung und eine niedrige Beziehungsorientierung der Führungskraft empfohlen.
Konkret würde dies also bedeuten, neue, unerfahrene Mitarbeiter:innen hauptsächlich über klare Anweisungen, Zielvorgaben im Zielvereinbarungsgespräch etc. zu führen (Was für eine Freude für die High Potentials, die gerade frisch von der Uni kommen und die Welt verändern wollen ;)).
Können Mitarbeiter:innen einen (ein kleines bisschen) fortgeschritteneren Reifegrad aufweisen, sollen Führungskräfte durch sowohl beziehungs- als auch aufgabenorientierte Führung diese Mitarbeiter:innen zu mehr Leistung und Motivation “überzeugen”.
Ganz nach dem Motto “Ich weiß ja nicht, ob du schon ganz so weit bist, aber ich bin froh, dich dabei zu haben und du packst das schon (wenn du genau tust, was ich dir sage).”
Wenn die Angestellten schon am oberen Reifegrad kratzen, raten Hersey und Blanchard dazu, ihnen aufgabenbezogen deutlich mehr Freiräume und Mitspracherecht einzuräumen. Sie sollen eher mitarbeiterbezogen und beziehungsorientiert geführt werden und an Entscheidungen aktiv beteiligt werden.
Haben Mitarbeiter:innen den höchsten Reifegrad erreicht, besagt das Modell des situativen Führungsstils, dass diese weder beziehungsorientiert noch aufgabenorientiert geführt werden sollen. Stattdessen sollen sie selbst (Führungs-) Verantwortung bekommen.
Ein Praxisbeispiel: Ein Auszubildender bekommt laut situativem Führungsstil besonders in der Anfangsphase alle Aufgaben sehr detailliert erklärt. Aufgabenverantwortung bekommt er jedoch nicht. Sehr erfahrene Mitarbeiter:innen bekommen die Aufgabe dagegen nur genannt und erhalten dann die Verantwortung, diese vollkommen selbstständig zu meistern. In beiden Fällen zieht sich die Führungskraft danach jedoch zurück.
Ganz intuitiv erscheint die Theorie des situativen Führungsstils eigentlich erst einmal nicht schlecht. Sie teilt nicht nur bestimmten Mitarbeiter:innen vermeintlich individuelle Führungsstrategien zu, sondern bietet auch noch praktische Tipps, wie diese umzusetzen sind. Doch, die Sache hat einen Haken (oder mehrere):
1. In der Praxis ist es unglaublich schwer, aufgabenorientiertes und beziehungsorientiertes Führen klar voneinander zu trennen. Oft geht beides Hand in Hand.
2. Den Reifegrad von Mitarbeiter:innen durchweg richtig (und objektiv) zu beurteilen, ist im Führungsalltag heute fast unmöglich. Aufgabenfelder und Entwicklungsfelder werden mit zunehmenden Anforderungen immer komplexer, sodass ein exakter Reifegrad in allen Bereichen kaum noch richtig beurteilt werden kann.
3. Jeder Mensch will und sollte anders behandelt werden. Unterschiedliche Charaktere brauchen auch unterschiedliche Füuhrungsansätze (wie das in der Praxis funktioniert, liest du weiter unten).
4. Die Studien, die bisher versucht haben, die praktischen Empfehlungen von Hersey und Blanchard auf ihre Effektivität zu überprüfen, konnten fast nie den vorhergesagten Führungserfolg bestätigen.
Gerade noch haben wir gesagt, dass es keine wissenschaftlichen Beweise für die Effektivität des situativen Führungsstils gibt. Aber schon weiter oben haben wir ja behauptet, moderne Führung sei situativ. Wie passt das zusammen?
Ganz einfach: Führung ist dann erfolgreich, wenn sie zwei KPIs (Leistungskennzahlen) erfüllt:
Mitarbeiterzufriedenheit & Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter
Dass das mit einem starren, immer gleichbleibenden Führungsansatz kaum erfüllt werden kann, liegt auf der Hand!
Die moderne Definition von Führung, die wir auch in unseren Leadership Programmen verwenden, besagt außerdem:
“Führung ist ein kommunikativer Prozess der Einflussnahme zum Zweck zielgerichteter Leistungserstellung.”
Einflussnahme und Zielausrichtung durch Kommunikation kann hierbei natürlich immer nur situativ erfolgen. Vor allem, da, frei nach Watzlawick, der Normalzustand der Kommunikation immer das Missverständnis ist.
Wenn man sich den situativen Führungsstil anguckt, merkt man schnell, dass “situativ” hier lediglich anhand von 3 Rahmenbedingungen “Beziehungsorientierung”, “Aufgabenorientierung” und “Reifegrad” festgemacht wird. Wenn man genauer darüber nachdenkt, handelt es sich aber besonders beim Reifegrad um eine “Kennzahl”, die zum jeweiligen Zeitpunkt eher statisch als situativ ist.
Moderne Führung muss also viel situativer sein, als der situative Führungsstil (falls du an dieser Stelle noch verwirrt bist, keine Sorge! Wir bringen jetzt Licht ins Dunkeln!).
Long Story short: Moderne Führung passt sich den individuellen Bedingungen sowohl der Mitarbeiter:innen, als auch der Führungskraft an. Das geht wie folgt:
Der erste Teil der modernen, situativen Führung besteht darin, dass eine moderne Führungskraft 6 Rollen innehat, zwischen denen sie flexibel – je nach Situation – hin und her wechseln muss: Disziplinarische(r) Vorgesetzte(r), Mitunternehmer:in, Coach/Mentor:in, Personalentwickler:in, Fachmann/Fachfrau und Facilitator. Was die Rollen bedeuten, kannst du der folgenden Grafik entnehmen:
Das situative Wechseln zwischen diesen Rollen gehört zu den wichtigsten Skills einer Führungskraft. Ein Beispiel:
Mitarbeiter A kommt zu dir als Führungskraft mit einem Problem. Du musst dich nun entscheiden, ob es sich
Im ersten Fall könntest du in deiner Rolle als Coach auftreten und dem Mitarbeiter durch gezielte Fragen dabei helfen, sich selbst zu helfen.
In Fall zwei könntest du dich als Personalentwickler:in dazu entscheiden, den Mitarbeiter durch Weiterbildung beim Erlangen der benötigten Kompetenzen zu unterstützen.
Im letzten Fall wärst du als Facilitator gefragt. Muss bspw. aufgrund von Compliance Richtlinien ein schriftlicher Antrag des Vorgesetzten erfolgen, damit der Mitarbeiter weitermachen kann? Dann musst du diese Hürde aus dem Weg räumen.
Du siehst, es kommt bei der Wahrnehmung deiner Rollen immer auf die jeweilige Situation an. Hierbei solltest du ein ganz zentrales Credo so gut wie möglich verinnerlichen, um deinen Führungserfolg zu maximieren:
“Tu was du sagst – und sage was du tust!”
Bleib integer in deinen Rollen, nutze sie nicht manipulativ zu deinem Vorteil aus und teile deinen Mitarbeiter:innen auch stets mit, in welcher Rolle du gerade zu ihnen sprichst. Wir erinnern uns: “Führung ist ein kommunikativer Prozess…”.
Es ist vollkommen legitim Mitarbeiter A zu sagen: “Ich könnte dir gerade die Lösung deines Problems mitteilen, aber als Führungskraft habe ich auch die Rolle des Coaches inne. Aus diesem Grund frage ich dich lieber, wie würdest du an meiner Stelle wollen, dass ein Teammitglied ein solches Problem angeht?”
Durch das transparente Mitteilen deiner situativen Rolle kannst du das Erwartungsmanagement deiner Rollenwahrnehmung aktiv steuern! Auch empirisch gesehen sind nämlich Berechenbarkeit und Transparenz die wichtigsten Eigenschaften, an denen Mitarbeiter:innen ihre Vorgesetzten bewerten. Am besten stellst du gleich morgen deinen Teammitgliedern das Konzept der 6 Führungsrollen vor und bittest sie darum, dich in der Erfüllung dieser Rollen zu unterstützen. ´
So viel zum Part “Situativ-Du als Führungskraft”. Aber: Bei Führung geht es ja nicht nur um dich, sondern auch um die von dir geführten Mitarbeiter:innen:
“Auch was wir am meisten sind, sind wir nicht immer”
Sicherlich hast du schonmal von Persönlichkeitsmodellen wie dem DISG-Modell oder dem Myers-Briggs-Typenindikator gehört.
All diese Modelle versuchen, die Persönlichkeit von Menschen anhand verschiedener Dimensionen einzuordnen. Das soll besonders in Führungskräftetrainings dabei helfen, die Komplexität im Alltag zu reduzieren und die Mitarbeiter je nach Persönlichkeitstyp richtig zu behandeln. Ganz nach dem Motto “Der ist ein roter Typ, der braucht einfach nen schicken Firmenwagen, dann ist der happy!”
Dass es in der echten Welt keine starre Persönlichkeit gibt, die so und so ist und sich nicht situativ verändert, ist natürlich ein Irrglaube (wir lieben Schubladen, in die wir Menschen stecken können! Das macht alles so schön einfach!).
Was es aber gibt, sind unterschiedliche Ebenen einer Persönlichkeit, die einem stetigen Wandel unterzogen sind. Sich über diese Ebenen seiner Mitarbeiter:innen (und deren Wandel) im Klaren zu sein, kann immens helfen, situativ noch besser zu führen.
All diese Aspekte haben natürlich Einfluss auf Verhalten, Denk- und Entscheidungsmuster der jeweiligen Mitarbeiter und unterliegen stetiger, situativer Veränderung. Dennoch ergibt es Sinn, in einem imaginären Führungshandbuch Besonderheiten zu den Individuen festzuhalten.
Mitarbeiter B hat gerade einen Krankheitsfall in der Familie, weshalb er häufig in Gedanken versunken ist. Darunter leidet natürlich auch die Arbeitsleistung. Anstatt als disziplinarische(r) Vorgesetzte(r) oder als Mitunternehmer:in ein Kritikgespräch über die schlechte Leistung zu führen, dürfte es hierbei für dich als Führungskraft viel sinnvoller sein, diesen emotional schwierigen Zustand des Mitarbeiters zu berücksichtigen und als Coach und Mentor herauszufinden, was diese Person gerade wirklich braucht.
Gegebenenfalls kannst du den Mitarbeiter als Coach mithilfe von systemischen Fragetechniken (hier gibt es einen Fragenkatalog dazu zum Download) sogar dabei unterstützen, sich selbst zu helfen.
Situative Führung ist ein Hauptaspekt dafür, dass du als Führungskraft deine Mitarbeiter:innen zufrieden und leistungsfähig machst.
Das bedeutet in einem modernen Führungsverständnis, dass du lernen musst, wie du die 6 Rollen einer Führungskraft situativ richtig einsetzt, während du gleichzeitig die unterschiedlichen Ebenen der Persönlichkeit deiner Teammitglieder im Hinterkopf behältst.
Dies geht jedoch weit über das ursprüngliche, längst überholte Modell des situativen Führungsstils nach Hersey und Blanchard hinaus. Hierbei ging es lediglich darum, dass Mitarbeiter:innen je nach individuellem Reifegrad geführt werden sollen, was empirisch gesehen leider nicht zum Führungserfolg führt (schade eigentlich, denn das wäre deutlich einfacher, als tatsächlich situativ führen zu müssen…).
Aber erst wenn man sich sowohl über die eigenen Führungsrollen als auch über die Persönlichkeitsmerkmale der Teammitglieder im Klaren ist, kann man wirklich situativ führen!
Wenn du lernen möchtest, wie du situativ unter Einbezug der 6 Rollen und der Persönlichkeitsebenen führst, findest du hier alle Informationen zum TAM Leadership Programm:
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