Flexicurity gilt für viele Länder, Branchen und Unternehmen als Wunderpille im Kampf gegen die Herausforderungen der VUCA-Welt. Doch was ist Flexicurity, wie funktioniert es wirklich und wie kann es ein Teil der echten New Work Bewegung sein? Das alles erfährst du in diesem Beitrag:
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Angela Merkel sitzt am Podium des Kanzleramts. Fotoapparate klicken, Kameras laufen, die Menschen hängen an ihren Lippen. Die Corona-Krise versetzt ganz Deutschland in den Ruhemodus. Merkel erklärt, dass ab Anfang Mai Schulen schrittweise wieder eröffnet werden, auch Friseure dürfen unter beschränkten Auflagen wieder ihre Tätigkeit aufnehmen. Sicherheit steht an erster Stelle. Sicherheit, gepaart mit einer gewissen Flexibilität hinsichtlich der neusten Entwicklungen von Wissenschaft und Forschung. Flexibilität aber auch unter EInbezug von Arbeitnehmern und Unternehmen.
Was das mit Flexicurity zu tun hat? Erstaunlich viel! Doch was bedeutet dieser Begriff überhaupt?
Der Begriff Flexicurity ist eine klassische Wortzusammensetzung aus den Worten Flexibility und Security (wer hätte das gedacht? ;)). Er beschreibt eine politisch geprägte Strategie, die vollkommen bewusst versucht, gleichzeitig die Flexibilität von Arbeitsmärkten, Unternehmen und Arbeitsbeziehungen in Einklang mit sozialer Sicherheit von Arbeitnehmern zu bringen.
Unternehmen müssen in der heutigen, globalisierten Welt flexibel sein, um schnell auf Marktveränderungen eingehen zu können. Das kann jedoch häufig auch zulasten der Sicherheit von Arbeitnehmern gehen, wenn es beispielsweise mit Thematiken wie der Lockerung des Kündigungsschutzes einhergeht.
Beschäftigungssicherheit und soziale Absicherung in Kombination mit flexiblen Handlungsspielräumen sind das oberste Ziel, das mit der Flexicurity-Strategie erreicht werden soll.
Damit dies gelingt, hat die Europäische Kommission zusammen mit den Regierungen der EU-Länder, Wissenschaftlern und Sozialpartnern acht Flexicurity-Grundsätze erarbeitet:
Die daraus entspringenden Hauptkomponenten zur Umsetzung einer Flexicurity-Strategie sind also:
Zusammenfassend lässt sich demnach sagen, dass die EU-Flexicurity-Strategie dabei helfen soll, den Wunsch von Unternehmen nach mehr Flexibilität mit dem Wunsch von Arbeitnehmern nach mehr sozialer Absicherung und Beschäftigungssicherheit zu vereinen. Vielmehr noch sollen diese beiden Perspektiven in Einklang gebracht werden und sich gegenseitig verstärken.
Die EU hat jedem Mitgliedsstaat die Umsetzung der Flexicurity-Strategie selbst überlassen. Doch wie sieht das Ganze dann in der Praxis aus?
Dänemark ist ein sehr arbeitgeberfreundliches Land. Für flexible Personalplanungen werden den Unternehmen kaum Steine in den Weg gelegt:
Mitarbeiter:innen in der Industrie können, sofern sie weniger als 6 Jahre im Unternehmen sind, mit einer Kündigungsfrist von 3 Wochen entlassen werden. Bei bis zu 12 Jahren Betriebszugehörigkeit beträgt die Kündigungsfrist 10 Wochen. Erst nach 12 Jahren Zugehörigkeit müssen Arbeitgeber darüber hinaus eine Abfindung zahlen.
Das führt dazu, dass sich Unternehmen schnell und unkompliziert auf sich verändernde Marktbedingungen einstellen können.
Du fragst dich jetzt bestimmt, was Dänemark zu einem Flexicurity-Land macht, weil es sich für dich wie eine normale Hire&Fire Politik anhört, richtig?
Anders als z. B. in den USA unterstützt der Staat Arbeitnehmer sehr intensiv. Bis zu vier Jahre lang erhalten sie Arbeitslosengeld in Höhe von 90 Prozent des letzten Einkommens – jedoch mit einer Maximalgrenze in Höhe von 1800 Euro im Monat. Das entlastet besonders Arbeitnehmer mit niedrigeren Einkommen.
Um schnell wieder Arbeit zu bekommen, verwendet Dänemark rund 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Wiedereingliederungsprogramme. Diese sind für viele auch aufgrund der Weiterbildungsprogramme aber so fordernd, dass sie es bevorzugen, sich schnellstmöglich wieder Arbeit zu suchen, anstatt sich auf dem hohen Arbeitslosengeld auszuruhen.
Insgesamt hat sich Dänemark mit der Flexicurity-Strategie also zu einem äußerst interessanten Standort sowohl für Arbeitnehmer, als auch im Besonderen für flexibel ausgerichtete Unternehmen entwickelt, wie du im folgenden Video noch einmal im Detail sehen kannst:
Doch für Flexicurity braucht es an sich kein Land. Jedes Unternehmen könnte theoretisch eine eigene Flexicurity-Strategie umsetzen, um sowohl die Wirtschaftlichkeit, als auch die Arbeitgeberattraktivität zu steigern. Kommen wir also zum spannenden Punkt:
Wie kann ich als modernes Unternehmen eine unabhängige Flexicurity-Strategie einsetzen, bei der ich flexibel auf Marktbedingungen reagieren kann, ohne dabei jedoch die Arbeitsplatzsicherheit und Zufriedenheit meiner Mitarbeiter:innen zu gefährden? Wie kann ich sie als Unternehmen für mehr Wirtschaftlichkeit nutzen und mit notwendigen Aspekten der New Work Economy verknüpfen?
Wie wir aus der New Work Charta gelernt haben, sollte die New Work Strategie eines jeden Unternehmens aus 5 Prinzipien bestehen:
Um dies mit einer individuellen Flexicurity Strategie zu verbinden, können wir also problemlos einige Punkte aus den EU-Flexicurity-Grundsätzen für das eigene Unternehmen übernehmen:
Verträge mit Mitarbeiter:innen, Kunden und anderen Stakeholdern können so gestaltet werden, dass sie im rechtlichen Rahmen flexibles Handeln zulassen, dennoch auch die jeweils andere Partei vor einer Benachteiligung schützen.
Ein besonderer Fokus sollte hierbei auf der absoluten Transparenz zwischen den Parteien liegen, sodass sie sich der jeweiligen Konsequenzen absolut bewusst sind. Kleingedrucktes ist schließlich sowas von 1990. ;)
In einer von stetiger Veränderung geprägten Welt ist Entwicklung und lebenslanges Lernen der größte Flexibilisierungsmotor sowohl für Unternehmen, als auch für Arbeitnehmer. Sobald sich Marktgegebenheiten verändern, muss schnell neues Wissen angeeignet, angewendet und weiterentwickelt werden. Dies kann nur geschehen, wenn bereits im Vorhinein eine Weiterbildungs-geprägte Lern- und Führungskultur im Unternehmen herrscht.
Darüber hinaus bieten ausführliche Fort- und Weiterbildungsprogramme Angestellten die Grundlage, die sie benötigen, um auf dem Arbeitsmarkt auch unabhängig vom Arbeitgeber erfolgreich zu sein. Weiterbildung gibt Vertrauen in sich selbst und baut ein Sicherheitspolster auf, indem sie die Chancen auf eine Einstellung erhöht.
Eine ILS Studie ergab außerdem, dass sich 78 Prozent der Arbeitnehmer nach Maßnahmen der beruflichen Wieiterbildung kompetenter und sicherer in ihrer Tätigkeit fühlen.
In Deutschland gibt es aufgrund eines starken Weiterbildungsmarktes zahlreiche Möglichkeiten, Mitarbeiter:innen in ihrem beruflichen und persönlichen Werdegang zu fördern. Da Weiterbildung Arbeitnehmern und Arbeitgebern nützt, sollten die Kosten hierfür natürlich gerecht aufgeteilt werden.
Dass Arbeitgeber die Arbeitsplatz-spezifischen Weiterbildungskosten übernehmen sollten, ist klar. Immer mehr Arbeitgeber unterstützen ihre Mitarbeiter:innen aber auch finanziell bei Weiterbildungen, die nur über Umwege Einfluss auf die Arbeitsperformance nehmen. Der Grund dafür ist einfach:
Mitarbeiter:innen, die sich nach persönlichen und beruflichen Interessen weiterbilden können, sind tendenziell glücklicher. Im Zuge seiner wissenschaftlichen Abhandlung „Does the Stock Market Fully Value Intangibles? Employee Satisfaction and Equity Prices“ fand der Wharton Business School BWL-Professor Alex Edmans heraus, dass Unternehmen, deren Mitarbeiter:innen tendenziell glücklicher sind, auch eine bessere wirtschaftliche Entwicklung nehmen, als Unternehmen mit weniger glücklichen Mitarbeiter:innen.
In Zeiten, in denen der Arbeitsmarkt vom Kampf um die sinnorientierten Generations Y&Z geprägt ist, ergibt also auch die finanzielle Beteiligung an persönlich von Mitarbeiter:innen angestrebten Weiterbildungsprogrammen für Unternehmen durchaus Sinn.
Der Übergang in eine neue Beschäftigung ist für Arbeitnehmer nie leicht. Selbst beim Arbeitsplatzwechsel innerhalb des Unternehmens sind feste On- und Offboarding- sowie Mentoring-Prozesse immens wichtig, um Menschen schnell zur vollen Potenzial-Ausschöpfung zu befähigen und ihnen die Unsicherheit zu nehmen.
Beim Abgang von Mitarbeiter:innen aus dem Unternehmen sieht das ganze noch komplizierter aus. Dass man nicht mehr bis zum Ende des Arbeitslebens bei einem Arbeitgeber verweilt, ist heutzutage völlig normal. Auch dass Arbeitnehmer bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber staatlich unterstützt werden, ist hierzulande selbstverständlich. Dass das jedoch nicht der sinnvollste Weg ist, um Menschen in eine neue Beschäftigung zu vermitteln, liegt auch auf der Hand:
Ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum begleitet hat, kennt die Stärken, Schwächen, die Perspektiven und das individuelle “Why” eines Arbeitnehmers deutlich besser, als es zum Beispiel das Arbeitsamt jemals durch Fragebögen und Beratungen herausfinden könnte.
Dementsprechend sollten auch die Schritte nach der Auflösung oder Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses – aus welchem Grund auch immer – vom ehemaligen Arbeitgeber weiter begleitet werden. Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten:
Am sinnvollsten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist das Bilden von engen Unternehmensnetzwerken, bei denen ehemalige Mitarbeiter:innen – falls sie dies wünschen – auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung an Partnerunternehmen, die am besten zu ihren Anforderungsprofilen passen, empfohlen werden.
Ein perfektes Beispiel hierfür konnte man kürzlich im Fastfood-Bereich sehen: Da aufgrund des Kontaktverbots zahlreiche McDonalds Mitarbeiter:innen nicht mehr in den Fillialen arbeiten konnten, wurden diese kurzerhand bei ALDI engagiert, um beim Einräumen der Regale zu unterstützen. Dem Einzelhändler fehlte es schlichtweg an Personal, um den hohen Ansturm auf die Fillialen zu bewältigen, weshalb 1750 Mitarbeiter:innen vorübergehend und sozial verträglich den Arbeitgeber wechselten.
Eine andere sinnvolle Alternative zu Partnernetzwerken sind Outplacement-Beratungen. Diese unterstützen mithilfe von Karriere Coaches und eigenen Netzwerken Arbeitnehmer dabei, oft noch vor Ablauf des Freistellungszeitraums eine neue Beschäftigung zu finden, die wirklich zu ihnen passt. Dass das Auflösen von Beschäftigungsverhältnissen flexibler und reibungsloser verläuft, wenn die Angestellten nicht Angst vor Perspektivlosigkeit haben müssen, liegt auf der Hand.
Geschlechtergleichheit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind Grundprinzipien, die kein modernes Unternehmen heutzutage vernachlässigen darf.
Auch wenn viele Unternehmen damit werben, ist die tatsächliche Gleichbehandlung und die Vereinbarkeit von diesen beiden Lebensinhalten auch heute immer noch problematisch.
Die Hauptaspekte, die Unternehmen angehen sollten, um Geschlechtergleichheit herzustellen, sind bekannt. Die gleiche Bezahlung, der ausgeglichene Frauenanteil in Führungspositionen, sowie förderliche Regelungen zum bezahlten Mutterschaftsurlaub sollten in den 2020ern kein Novum mehr für Unternehmen sein.
Vor allem vor dem Hintergrund, dass immer mehr Studien nahelegen, dass eine Frauen-freundliche Unternehmensumgebung auch mit wirtschaftlichem Erfolg einhergeht, sollte Geschlechtergleichheit ganz oben auf der Agenda stehen:
Das Peterson Institute for International Economics fand beispielsweise bei einer Untersuchung von 21 980 Firmen in 91 Ländern heraus, dass bei einem Frauenanteil von mindestens 30 Prozent auf der obersten Managementebene Unternehmen im Durchschnitt einen um 15 Prozent höheren Reingewinn haben.
Zahlreiche weitere Studien, wie die des Karrierenetzwerks Xing (Xing Studie), haben belegt, dass Mitarbeiter:innen sich von weiblichen Führungskräften eher wertgeschätzt fühlen und ihnen eine höhere Führungskompetenz zusprechen.
Dennoch gibt es laut der genannten Xing Studie nach wie vor Herausforderungen, die eine Geschlechterparität im Unternehmen erschweren:
Wie bei vielen Problemen ist hier das Credo: Einfach anders machen.
Home-Office, Jobsharing, Teilzeitführung, Tandem-Leadership, Eltern-Kind-Büros, systematischer Erfahrungsaufbau für Frauen in Schlüsselpositionen oder auch die faire Messbarkeit beruflichen Fortschritts sind bewährte Mittel, um Unternehmen zu ausgeglichenen und produktiven Organisationen umzugestalten.
Gerade die Corona-Krise zeigt, dass Familie und Beruf zusammen händelbar sind. Wer Homeschooling, Kinderbetreuung und Arbeit im Home-Office schafft, schafft es auch, mit Familie seinen Job als Führungs- oder Fachkraft gut zu erledigen.
Die Flexicurity Grundprinzipien sollen Staaten und Unternehmen dabei helfen, flexibler auf Marktveränderung reagieren zu können, gleichzeitig Arbeitnehmern aber auch ausreichend Sicherheit und Zukunftsperspektive zu bieten.
Wenn im Unternehmen aktiv an wichtigen Stellschrauben, wie der Fairness und Transparenz von Verträgen, umfassenden Fort- und Weiterbildungsstrategien mit fairer Kostenaufteilung, sicheren Übergängen beim Arbeitsplatzwechsel und der Geschlechtergleichheit gedreht wird, lohnt es sich auch wirtschaftlich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für das Unternehmen.
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