Was ist eigentlich agiles Projektmanagement? Welche Tools und Methoden gibt es, um Projekte agil durchzuführen und welche Dinge muss man unbedingt beachten, um agile Projekte erfolgreich zu vollenden? Das alles liest du in unserem neusten Artikel!
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Das agile Projektmanagement ist als solches gar nicht mehr so neu, wie es manchmal scheint!
Bereits in den 90ern (man mag es kaum glauben, aber das ist bereits rund 30 Jahre her) waren durch die Geschwindigkeit der digitalen Entwicklungen die unflexiblen, wasserfallartigen Prozesse nicht mehr zeitgemäß.
Zu schnell musste sich Software den stetig neuen Bedingungen anpassen, als dass klassische Produktentstehungsprozesse noch zeitgemäß gewesen wären. Zu selten konnten Kunden und Märkte noch Anforderungen definieren, sondern waren nur noch in der Lage, auf neue technische Möglichkeiten, Strukturen und Produkte zu reagieren.
So entwickelten sich in der agilen Softwareentwicklung agile Projektmanagementmethoden wie Scrum oder Design Thinking (dazu später mehr). Nichtsdestotrotz gab es bis zum Jahr 2001 kein einheitliches Verständnis und keine einheitlichen Werte und Prinzipien.
Erst als sich einige der bekanntesten und schlausten “Agile”-Köpfe (Kent Beck, Mike Beedle, Arie van Bennekum, Alistair Cockburn, Ward Cunningham, Martin Fowler, James Grenning, Jim Highsmith, Andrew Hunt, Ron Jeffries, Jon Kern, Brian Marick, Robert C. Martin, Steve Mellor, Ken Schwaber, Jeff Sutherland & Dave Thomas) zusammensetzten, um gemeinsame Werte und Prinzipien zu definieren, wurde die Grundlage für das agile Projektmanagement der heutigen Zeit geschaffen: Das Agile Manifest
Das agile Manifest, welches im Februar 2001 veröffentlicht wurde, klingt in den 4 agilen Werten und 12 Prinzipien, sagen wir mal, sehr absolut.
Das liegt vor allem daran, dass es auch aus einer Art Frustration über nicht mehr zeitgemäße, traditionelle Projektmanagement-Methoden mit zeitintensiver Planung, Dokumentation, Überwachung und Steuerung entstand.
Diese 4 Werte bilden das Kerngerüst des agilen Manifests:
Damit das Potenzial aller beteiligten Personen ausgeschöpft werden kann, ist es wichtig, dass deren Handlungsmöglichkeiten und deren Kommunikation nicht durch Prozesse, Hierarchien oder vorgeschriebene Werkzeuge eingeschränkt werden.
Der zweite Wert bezieht sich zwar explizit auf Software, lässt sich aber natürlich auch auf jedes andere Produkt oder andere Dienstleistung übertragen. Im agilen Projektmanagement ist es wichtiger, funktionsfähige Ergebnisse zu produzieren, anstatt den Fortschritt und die Ergebnisse in langen Berichten festzuhalten.
Der dritte Wert zeigt auf, welche Rolle die Kunden und Stakeholder im agilen Projektmanagement einnehmen: Anstatt sich in ausgeklügelten und sich hinziehenden Vertragsverhandlungen zu verlieren (oder diese bei Anpassungen gleich komplett neu ansetzen zu müssen), soll schnellstmöglich mit der Arbeit begonnen werden. Wenn im Laufe des Projekts Änderungsbedarf entsteht, werden diese kontinuierlich eingearbeitet.
In der klassischen Projektmanagementschule sieht die Best Practice ungefähr so aus:
Am Anfang wird ein klares Ziel (mit Anforderungen und Meilensteinen) definiert, unter dessen Fokus diese dann systematisch abgearbeitet werden. Dass das nicht immer zum gewünschten Ergebnis führt, ist klar. Zu schnell können sich heutzutage Märkte und Kundenwünsche um 180 Grad drehen. Im agilen Management werden deshalb immer wieder zwischendrin Anforderungen mit Stakeholdern besprochen und hinterfragt, sodass schnell auf Veränderungen reagiert werden kann.
Diese 4 Kernwerte wurden darüber hinaus in den 12 agilen Prinzipien manifestiert:
Die 12 agilen Prinzipien, die ebenfalls im agilen Manifest festgehalten wurden, lauten:
Aus den agilen Grundwerten und Prinzipien ergibt sich also die Frage:
Was genau ist agiles Projektmanagement?
Agiles Projektmanagement beschreibt Methoden und Vorgehensweisen, um mit Fokus auf das zu liefernde Produkt und den ständigen Einbezug von Stakeholderanforderungen Projekte iterativ voranzutreiben. Diese flexible Vorgehensweise funktioniert dann, wenn auch andere Anforderungen, wie die Termintreue, die ausführliche Dokumentation, das Einhalten vorgeschriebener Kosten oder die Erfüllung eines spezifizierten Leistungsumfangs flexibel angepasst werden können.
Natürlich kann man nun davon ausgehen, dass sich agiles Projektmanagement aufgrund der hohen Flexibilität immer dann eignet, wenn es keinen festen Stichtag oder keinen starren Kostenrahmen gibt.
Manchmal ist es jedoch auch in diesen Fällen sinnvoller, klassische Ansätze des Projektmanagements zu nutzen.
Ein gutes Tool zur Evaluation, ob sich agile Methoden für das bevorstehende Projekt eignen, ist die Stacey Matrix.
Die Stacey-Matrix geht auf den britischen Management-Professor Ralph Douglas Stacey zurück, der sich hauptsächlich mit komplexen Systemen und der Organisationstheorie befasst.
Was sie aufzeigt, ist schnell beschrieben: Wenn ich mich in einem Umfeld befinde, in dem die Anforderungen klar sind und ich mit mir bekannten Technologien arbeiten kann, reicht es meistens aus, mit klassischen Projektmanagementmethoden zu arbeiten.
In diesem Fall plane ich einfach anhand der strikten Vorgaben die Meilensteine, die Kosten und den Zeitaufwand, stimme mich ab und fange an.
Je unbekannter aber das “Wie packe ich das Problem genau an” und die Anforderungen an die Lösung sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich mich nicht wirklich auf einen vorgefertigten Plan verlassen kann. Ich muss also agile Methoden verwenden und iterativ – also Stück für Stück – voranschreiten.
Merkliste: Wann eignet sich agiles Projektmanagement?
Im Grunde funktioniert agiles Projektmanagement niemals gleich. Dennoch leiten sich aus den agilen Werten und den agilen Prinzipien natürlich auch grundlegende Prinzipien für das agile Projektmanagement ab:
Darüber hinaus unterscheidet sich die Funktionsweise von agilem Projektmanagement natürlich je nach der verwendeten agilen Methode. Mehr zu den einzelnen Methoden erfährst du hier:
Zu den agilen Methoden gehören unter anderem Scrum, Kanban, Lean Startup, Design Thinking und Effectuation.
Die Liste der agilen Methoden und derer Variationen ist lang (und wird natürlich von Zeit zu Zeit immer länger). Dennoch wollen wir dir hier die wichtigsten agilen Methoden kurz vorstellen:
Die wohl bekannteste agile Prozessmethode ist vermutlich Scrum, da diese Methode eher allgemein beschrieben ist und sich so problemlos auf Projekte außerhalb der Softwareentwicklung eignet.
Scrum kommt immer dann zum Einsatz, wenn Produkt und Geschäftsmodell bereits festgelegt wurden.
In einem Scrum-Projekt gibt es drei besonders wichtige Rollen:
Product Owner: Der Product Owner stellt und priorisiert die fachlichen Anforderungen.
Scrum Master: Der Scrum Master managed den Scrum-Prozess und baut als eine Art Facilitator Hindernisse ab.
Scrum Team: Das Scrum Team entwickelt gemeinsam das Produkt und kommuniziert dabei ständig untereinander.
Die Anforderungen des Kunden oder der Stakeholder werden in einem Product Backlog festgehalten und dort im Verlauf immer weiter angepasst.
Das Projekt als solches wird in Releases und Sprints aufgeteilt, für die es wiederum Release Backlogs und Sprint Backlogs gibt. Die Zwischenergebnisse werden den Kunden/Stakeholdern nach jedem Sprint geliefert.
Darüber hinaus trifft sich das Scrum Team zu Daily Scrums (tägliche Absprache), Sprint Reviews (“Welche Arbeiten haben wir geschafft und inwiefern haben wir das Sprint-Ziel erfüllt”) und Sprint Retrospektiven (“Wie verlief der letzte Sprint und welche Ableitungen können wir treffen, um Produktivität und Kommunikation zu verbessern?”).
Den gesamten Prozess kannst du dir hier im Video noch einmal genauer anschauen:
Das von Taiichi Ohno (dem Entwickler des Toyota-Produktionssystems) entwickelte Kanban stammt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie “Karte, Beleg oder Behälter”.
Bei Kanban wird der Arbeitsfluss auf einem Kanban Board visualisiert. Aufgaben bzw. Anforderungen werden auf dem Board mit einem Post-It je nach ihrem aktuellen Zustand – “To Do”, “Doing” & “Done” – sortiert.
So wandert eine Anforderung oder Aufgabe nach der anderen auf die “Done” Seite. Beim Kanban spielt die Obergrenze für gleichzeitig zu erledigende Aufgaben eine essenzielle Rolle.
Wenn man sich mehr als 3-4 Anforderungen gleichzeitig vornimmt, verliert man schnell Überblick und Motivation. Die Gefahr besteht vor allem deshalb, weil es beim Kanban – anders als bei Scrum – keine vorgegebenen Zeiträume gibt, in denen die Anforderungen abgearbeitet werden müssen.
Das Team entscheidet hier je nach Ressourcen, welche Anforderungen oder Aufgaben es angeht.
Wie der Name schon sagt, ist die Idee hinter Lean Startup, so schlank und effizient wie möglich eine Geschäftsidee oder ein Produkt auf den Markt zu bringen.
Dieses Produkt wird meist MVP (Minimum Viable Product), zu Deutsch „minimal brauchbares oder existenzfähiges Produkt“, genannt.
So soll schnell Feedback vom Markt gesammelt werden, um Rückschlüsse und Erfahrungswerte für die weitere Entwicklung ziehen zu können.
Das wiederholte, iterative Testen von Produktmerkmalen, Distributionswegen, Preisgestaltung und Design bezeichnet man im Lean Startup als “Build-Measure-Learn” Kreislauf.
Man baut also etwas, testet dies dann am Markt und lernt aus dem Feedback und den Erfahrungen, die man vom Markt gespiegelt bekommt.
Man testet folglich umgesetzte Hypothesen direkt am Markt. Das kann auch zu der Erkenntnis führen, dass man relativ früh am Markt vorbeigebaut hat und ermöglicht schnelle Richtungswechsel, ohne gleich das ganze Unternehmen aufs Spiel zu stellen. Diese Richtungswechsel werden als “Pivot” bezeichnet.
Wenn wir uns die Stacey Matrix nochmal ins Gedächtnis rufen, würden wir die sehr bekannte agile Methode des Design Thinkings ganz oben rechts im Chaos-Mode ansetzen.
Design Thinking ist eine kundenzentrierte und schrittweise Methode, um komplexe Probleme und die kreative Ideenentwicklung zu fördern (selbst wenn “What”6”How” noch unbekannt sind).
Mit der Design Thinking Methode gelingt es Dir unter Abwägung von Wirtschaftlichkeit, Machbarkeit und Erwünschtheit eine aus Kundensicht überlegene Lösung zu entwickeln.
Der gesamte Prozess sieht dabei wie folgt aus:
Effectuation ist eines der spannendsten Themen im Bereich der Entrepreneurship-Forschung. Es handelt nicht grundsätzlich von einer klassischen, agilen Methodik, sondern vielmehr von einer Entscheidungslogik, die sich mit der Frage beschäftigt, wie es sehr erfolgreiche Entrepreneure schaffen, selbst in komplexen und unsicheren Situationen erfolgreiche Geschäftsmodelle aus dem Boden zu stampfen.
Im gleichen Zug sorgt diese Vorgehensweise jedoch von Natur aus für Agilität und Schnelligkeit bei Projekten und Geschäftsmodellen!
Demnach sieht der Prozess, den die Effectuation-Forschung herausgefunden hat, wie folgt aus:
Eine der grundlegendsten agilen Methoden ist – wie könnte es anders sein – das Daily. Hierbei geht es um ein tägliches Zusammenkommen im gesamten Team, um sich gemeinsam zu updaten und ggf. Hilfe und Input zu bekommen bzw. Neuigkeiten zu teilen.
Bei uns sieht das Daily zum Beispiel wie folgt aus:
Im klassischen Projektmanagement gibt es, je nach Methode, zum Teil sogar rund 30 verschiedene Projektrollen.
Da die flexible und agile Kommunikation bei 30 Rollen kaum möglich ist, haben agile Projekte meist deutlich weniger feste Rollen. Selbst dann, wenn die Teamgröße groß ist und die Kompetenzen weit verteilt sind!
Die 3 Rollen, die sich in agilen Projekten immer wiederfinden, sind:
Der/die Product Owner:in übernimmt in agilen Projekten häufig die Rolle, die der/die Produktmanager:in im traditionellen Projektgeschäft übernehmen würde:
Das Team, welches ganz nach den agilen Prinzipien selbstorganisiert fungiert, ist als solches verantwortlich für die operative Durchführung von Sprints und die Erstellung der einzelnen Produktinkremente.
Darüber hinaus entscheidet das Team je nach Prioritätenliste des Product Owners, welche Inkremente in welcher Reihenfolge umgesetzt werden und plant dementsprechend die einzelnen Sprints.
Das mag sich jetzt vielleicht ein wenig widersprüchlich anhören, aber: da viele agile Methoden über feste Abläufe verfügen, die wichtig sind, um die Effizienz und Effektivität unter Beibehaltung der Flexibilität zu erhalten, gibt es auch immer eine Person, die für die Methodik an sich verantwortlich ist.
Beim Scrum ist dies beispielsweise der “Scrum Master”, der das Team in der Methodik an sich trainiert, coacht und unterstützt.
Außerdem ist die Rolle des Prozess-Owners auch dafür verantwortlich, die agilen Methoden in andere Ebenen des Unternehmens zu tragen, sie zu schulen und falls gegeben auch andere Hierarchieebenen in die Prozesse miteinzubeziehen.
Bei hybridem Projektmanagement werden mehrere Projektmanagementsysteme aus agilem und klassischem Projektmanagement miteinander kombiniert.
Häufig wird dies dadurch umgesetzt, dass agile Methoden wie Scrum oder Kanban auf operativer Ebene verwendet werden, während Anforderungen, Ressourcen und übergreifende Entscheidungen traditionell von Produkt- oder Projektmanager:innen vorgegeben werden.
Oft kann es auch vorkommen, dass bei Projekten, die aus verschiedenen Soft- und Hardware-Komponenten bestehen, die Hardware mit traditionellen Projektmanagement-Methoden geschaffen wird, während die Softwarekomponenten agil mit Scrum, Design Thinking, Kanban und Co. entstehen.
Zum Schluss wollen wir das klassische Projektmanagement noch einmal vom agilen Projektmanagement abgrenzen:
Das klassische Projektmanagement teilt Projekte in verschiedene Projektphasen ein, die durch Meilensteine abgetrennt sind. Diese Phasen werden im Vorhinein in Bezug auf Ergebnisse, Termine und Ressourcen geplant und linear nacheinander abgearbeitet.
Werden Änderungen notwendig, zieht dies kostspielige Konsequenzen für das gesamte Projekt mit sich, weil ein Abarbeiten der geplanten Phasen unmöglich wird.
Im agilen Projektmanagement geht man iterativ vor. In jeder der kurzen Schleifen wird ein fertiges Produktinkrement vollendet, sodass am Ende die einzelnen Teile zusammengeführt werden können.
Dadurch, dass nach jeder Schleife Feedback von Kunden und Stakeholdern eingeholt wird, ist es unwahrscheinlich, dass unerwartet Änderungswünsche aufkommen. Kommt dies aber vor, ist das Eingehen auf diese Wünsche vergleichsweise einfach, da im Vorhinein nicht das gesamte Projekt, sondern nur einzelne Sprints im Detail vorgeplant werden musste.
Die Methoden des agilen Projektmanagements bringen viele Vorteile mit sich, die in bestimmten Fällen sehr sinnvoll Anwendung finden.
Dennoch gibt es auch heute noch zahlreiche Anwendungsfälle, in denen traditionelle Projektmanagement-Methoden vorteilhafter sein können. Wenn die Anforderungen und das “How-To” klar sind, verkomplizieren agile Methoden in manchen Fällen das Projektmanagement sogar.
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